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Ein Mann des Wortes

Verantwortlicher Autor: Landschaftsverband Rheinland Rheinland, 07.04.2021, 13:34 Uhr
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Rheinland [ENA] Ein Mann des Wortes. LVR-Sprachexperte Dr. Georg Cornelissen geht nach 36 Berufsjahren in den Ruhestand / Wörterbücher sind Lieblingslektüre. Kaum ein Mensch hat das Rheinland und seine Sprache in seiner ganzen Vielfalt so genau untersucht und so verständlich erklärt wie Dr. Georg Cornelissen: Egal ob in Vorträgen, in Büchern, in Seminaren, vor dem Mikrofon oder laufender Kamera.

Nach 36-jähriger Tätigkeit in Diensten des Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR) des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) geht Cornelissen nun in den Ruhestand. Letzte Gelegenheit für bislang Ungesagtes: Herr Cornelissen, welches typisch rheinische Wort haben Sie heute schon gehört? „‚Fimschig‘. Dieses Wort kennt man am Niederrhein, wo ich geboren bin, nicht. Im Hochdeutschen ist es ebenfalls unbekannt, in Bonn aber hört man es immer wieder, weil es so nützlich ist. Ein Gegenstand, der zu fragil, zu bruchanfällig, zu wenig haltbar ist, ist ‚fimschig‘. Auch Menschen können ‚fimschig‘ sein.“

Regiolekt oder Dialekt – den Unterschied haben Sie während Ihrer Zeit als Sprachexperte unzählige Male erklärt. Bitte noch ein letztes Mal für uns. „Dialekt ist dasselbe wie ‚Platt‘: eine eigene Sprache mit allem Pipapo, für Fremde unverständlich. Regiolekt ist ‚nur‘ eine Umgangssprache mit regionalen Merkmalen: Mit ‚dat‘ und ‚wat‘, mit ‚knibbeln‘ und ‚piddeln‘, mit ‚Schluffen‘ und ‚Schlappen‘. Also eine echte Mehrheitssprache im Rheinland.“

Sie haben 36 Jahre lang die rheinische Sprache untersucht. In welchen Bereichen ist die Veränderung der Sprache am deutlichsten zu erkennen? „Es fällt auf, dass immer seltener Dialekt (= Platt) zu hören ist. Wenn die über 60-Jährigen geimpft sind, sind die meisten Rheinländerinnen und Rheinländer mit Dialektkompetenz gegen Corona geschützt. Es wachsen keine Dialektsprecherinnen und -sprecher mehr nach!“

Seit ein paar Jahren genießt der Heimatbegriff durch alle Schichten hinweg eine große Aufmerksamkeit. Können Sie diese Popularität auch in Bezug auf die Sprache feststellen? „Was ich im Laufe der Jahre durchschaut habe: Wenn es um die regionale Sprache geht, um Dialekt und Regiolekt also, müssen wir zwischen Lippenbekenntnissen und Ankündigungen einerseits und Taten und Finanzierungen andererseits unterscheiden. In diesem Punkt bin ich alles andere als euphorisch. Aber – für die regionale Sprachforschung im Rheinland gibt es mehr als genug zu tun!“

Wer Sie erlebt, bekommt schnell den Eindruck, dass der Spaß und die Begeisterung für die Sprache und Ihre Arbeit ungebrochen sind. Richtig? „Das will ich hoffen. Ich habe ja keinen eingebauten Bremsmechanismus, der bei 66 aktiviert wird. Ich schließe mich da ‚vollinhaltlich‘ Udo Jürgens an: „Mit 66 Jahren…“. Zum Schluss: Was sind Ihre liebsten rheinischen Wörter? „Ziemlich viele, eigentlich fast alle. Obwohl – im Rheinischen gibt es ja doch nicht sehr wenige Schimpfwörter, die klammere ich definitiv aus. Aber sonst – Wörterbücher gehören zu meiner Lieblingslektüre. In diesem Sinne: Tschö mit ö!“ Vielen Dank für das Gespräch. Alles Gute und: Mach et joot.

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