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Zuwanderung braucht funktionierende deutsche Infrastruktur

Verantwortlicher Autor: Lydia Budiner Hohen Neuendorf, 25.12.2023, 11:27 Uhr
Presse-Ressort von: Abgehakt Bericht 4741x gelesen
Integration durch Investitionen in Deutschlands Infrastruktur
Integration durch Investitionen in Deutschlands Infrastruktur  Bild: Lydia Budiner

Hohen Neuendorf [ENA] Die Bevölkerung in Deuschland wächst. Seit dem Krieg in der Ukraine sind ca. 1 Mio Menschen aus dem Land nach Deutschland geflüchtet und leben hier. Von diesen sind ca. 1/3 Kinder, mehr als 60% waren zwischen 18 und 60 Jahren als. Doch im Alter von 25 bis 59 Jahren waren lediglich 19% berufstätig.

Eine gute Nachricht vorweg: Unsere Bevölkerung wächst! Deutschland hatte zum Jahresende 2022 nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) mindestens 84,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Damit lebten hierzulande so viele Menschen wie noch nie am Ende eines Jahres. Gegenüber dem Jahresende 2021 nahm die Bevölkerungszahl um 1,1 Millionen Personen zu. Die Ursache dieses starken Wachstums war eine Nettozuwanderung (positiver Saldo aus Zu- und Fortzügen) auf Rekordniveau.

Die Bevölkerung wächst und altert

Deutschland hatte zum Jahresende 2022 nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_026_124.html) mindestens 84,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Trotz des rasanten Wachstums der Bevölkerung Deutschlands: Der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter geht insgesamt in Deutschland zurück (Stickwort: Demographischer Wandel, Babyboomer etc., die sich in Richtung Rentenalter bewegen) und konnte nur durch die Zuwanderung von erwerbsfähigen Menschen aus dem Ausland abgemildert werden, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Einen großen Anteil an der Zunahme der Bevölkerung hat die Migration, insbesondere die Zuwanderung aus der Ukraine.

Der Bevölkerungsanstieg ist vor allem auf die Fluchtmigration im Zusammenhang mit Krieg und Gewalt in Syrien, Afghanistan und dem Irak 2015/2016 sowie nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine zurückzuführen. Aber auch aus den EU-Staaten Rumänien, Bulgarien und Polen sind stetig Zuzüge zu verzeichnen. Die Zunahme der Schutzsuchenden und Arbeits- bzw. Armutsmigranten stellt uns allerdings auch vor Herausforderungen, denn ihre Integration ist wichtig, damit unser Sozialstaat und die Demokratie weiter funktionieren können.

Hauptziel der Flüchtenden in der EU nach Kriegsbeginn war zunächst Polen. Mittlerweile ist Deutschland das wichtigste Zielland. Die Monatsdaten hierzu veröffentlicht Eurostat in der Tabelle "Begünstigte des vorübergehenden Schutzes" sowie in der in der Tabelle "Erstinstanzliche Entscheidungen zur Gewährung vorübergehenden Schutzes"- siehe u.a.https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/MIGR_ASYTPSM__custom_7364465/bookmark/table?lang=de&bookmarkId=f5a8baa8-2759-40c8-9f60-71109b223109. Immer mehr Bildungsabschlüsse aus der Ukraine werden in Deutschland anerkannt. Viele der Zugewanderten verfügen über hohe Bildungsabschlüsse.

Junge, erwerbsfähige Menschen wandern ein

Zum 30. September 2023 lebten mit 1 133 000 Personen über sieben Mal mehr ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Deutschland als Ende Februar 2022 (Gesellschaft - Ukraine - Statistisches Bundesamt (destatis.de)). Die Zahl der hierzulande lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer war bereits in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen (+23 % bis Ende 2021). Gleiches gilt für die russische Bevölkerung in Deutschland (+34 %). Etwa 27 % der Zugezogenen im Oktober 2023 waren unter 18 Jahren alt; bei den 18- bis unter 60-jährigen lag der Anteil bei rund 62 %. Zuzüge von Menschen ab 60 Jahren machten lediglich einen Anteil von 11 % an den Gesamtzuzügen im Oktober 2023 aus.(siehe Abb)

Die Integrationschancen von Zugewanderten in den hiesigen Arbeitsmarkt und damit in unser Land sind von verschiedenen Faktoren abhängig: Neben Migrationsmotiven, arbeits- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen sowie der Altersstruktur spielt auch der Bildungshintergrund der Zugewanderten eine wichtige Rolle. Ergebnisse des Mikrozensus für 2021 zeigen, dass unabhängig von der Nationalität die Erwerbstätigenquote von 15- bis unter 65-Jährigen umso höher ausfällt, je höher der Bildungsabschluss ist. Hinsichtlich der Bildungsstruktur – und damit auch mit Blick auf die Erwerbsbeteiligung – weisen die in jüngster Zeit hauptsächlich nach Deutschland zugewanderten Bevölkerungsgruppen große Unterschiede auf.

Bemerkenswert ist bei den aus der Ukraine eingewanderten Personen der hohe Anteil von akademischen Bildungsabschlüssen. Betrachtet man die Personen in der Haupterwerbsphase im Alter von 25 bis 59 Jahren, so hatten von den seit Jahresbeginn 2022 aus der Ukraine Eingewanderten 45 % einen akademischen Berufsabschluss einer Fachhochschule oder Universität und 28 % einen nicht-akademischen Berufsabschluss. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung Deutschlands hatten 27 % der Personen dieser Altersgruppe einen akademischen Abschluss. Mit 52 % lag der Anteil der 25- bis 59-Jährigen mit einem nicht-akademischen Abschluss in der Gesamtbevölkerung dagegen deutlich höher als bei den aus der Ukraine eingewanderten Personen.

Erwerbsfähig aber nicht erwerbstätig

Trotz des hohen Qualifikationsniveaus ist die Erwerbsbeteiligung der seit Anfang 2022 aus der Ukraine Eingewanderten deutlich geringer als in der Gesamtbevölkerung: In der Haupterwerbsphase von 25 bis 59 Jahren waren lediglich 19 % der Eingewanderten aus der Ukraine erwerbstätig. Die Erwerbstätigenquote in der Gesamtbevölkerung war in dieser Altersgruppe mit 85 % mehr als vier Mal so hoch. Bei den aus der Ukraine eingewanderten Frauen lag die Erwerbstätigenquote mit 14 % (Gesamtbevölkerung: 81 %) dabei noch deutlich unter der Erwerbstätigenquote von Männern, von denen 30 % erwerbstätig waren (Gesamtbevölkerung: 89 %).

Es bleibt die Frage, warum die Erwerbstätigenquote unter den Erwerbsfähigen so gering ist. Wir haben die Menschen aus der Ukraine mit offenen Armen empfangen und sie ohne Bedürftigkeitsprüfungen mit Finanzmitteln und sozialer Fürsorge, Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, Schulen, Sprachkursen usw. versorgt. Was hindert – bei einer positiven Situation auf dem Arbeitsmarkt mit vielen unbesetzten Stellen -die Eingewanderten an der Arbeitsaufnahme? Müssten wir mehr fordern statt fördern?

Hier muss die Politik unbedingt ansetzen und für eine höhere Erwerbtätigkeitsquote sorgen, Anreize zur Arbeitsaufnahme verstärken. Denn wer soll sonst bei sinkenden Einzahlenden für die steigende Anzahl von Eingewanderten, deren Gesundheitspflege, Kinderbetreuung, Unterricht usw. zahlen? Jede Investition in das deutsche Bildungssystem, den Ausbau und die Finanzierung der sozialen Infrastruktur hier in unsere Schulen, Kindergärten usw. ist wichtig, damit Integration – nicht nur der Ukrainer und Ukrainerinnen– funktionieren kann.

Jede Investition in das deutsche Bildungssystem, die deutschen Kinder-Betreuungsangebote, die Qualität der Aus- und Weiterbildung, das Gesundheitssystem, Kultureinrichtungen, Sportvereine usw. hilft nicht nur den Geflüchteten, sondern auch den Einheimischen, eine Arbeit aufnehmen zu können und Kinder gesund aufwachsen zu lassen. Das müsste unser Ukraine-Deutschland-Pakt sein, das ist ein Akt der Solidarität. Investitionen in zukünftige Generationen.

Diese Daten zeigen übrigens auch, dass der Bedarf u.a. an Menschen in Handwerkerberufen oder Hilfsberufen – aber eben nicht nur Akademikern- nicht durch Ukrainer und Ukrainerinnen gedeckt werden kann. Es bedarf also einer klaren Einwanderungspolitik, mit der gezielt die Fachkräfte nach Deutschland geholt werden, für die auch ein Bedarf existiert.

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